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New Fall Festival, Düsseldorf, Tag 1, 27.10.2016

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Konzert: New Fall Festival
Ort: Düsseldorf
Datum: 27.10.2016

"Tag 1 - ohne Worte" 

Bereits um 18:00 Uhr begann das erste Konzert am Donnerstag. Eine Zeit, in der in Düsseldorf normalerweise die gegenüberliegende Börse gerade erst ihre Halbtagskräfte in die Abendsonne entlässt. Trotzdem füllte sich der Platz vor der mächtigen Johanneskirche bereits früh.

"Grandbrothers" bespielten das Gotteshaus, und das passte einfach. Die großartig restaurierte Kirche mitten auf dem Martin-Luther-Platz gelegen, wird nach den weiteren Umbauten im Stadtbild einen noch präsenteren Platz erhalten. Weniger Auto`s und mehr Ruhe könnten dann für das New Fall Festival ein zentraler Anlaufpunkt sein. 

Schon dieses Jahr finden diverse Konzerte hier statt, unter anderem zwei ausverkaufte Abende mit Agnes Obel. 

"Grandbrothers" jedenfalls machen laut Zeitungen mit viel Text und wenig Bildern "kontemporäre Klaviermusik". Das klingt langweilig und bemüht, und sollte als Bezeichnung für moderne Musik verboten werden. Denn schon der Aufbau, vor dem großen Jesuskreuz ist beeindruckend.

Ein schwarzer, geöffneter Flügel, aus dem gefühlt hunderte Kabel, befestigt mit Krokodilklemmen, herausragen und in ein Wirrwarr aus elektronischen Geräten münden. Unter zwei Stunden Aufbau ist das wohl nicht zu machen. Schon nach wenigen Minuten versuchen Erol Sarp und sein alter Studienkollege aus Düsseldorf (Lucas Vogel), den Prozess zur Erzeugung der Töne zu erläutern, ganz gelingt das nicht.

Egal, die Musik in diesem Raum klingt jedenfalls erhaben und druckvoll. "Grandbrothers" spielen auch diverse Stücke aus einem noch nicht fertig gestellten, zweiten Album. Ein Bruch entsteht dadurch nicht. Es ist sowieso vielmehr der Sound als solcher, der hier beeindruckt. 

Das Organische des Flügels, neben den verfremdeten Geräuschen des gleichen Instruments aus den Laptops. Ein wirklich interessanter und neuer Ansatz, der hier viel besser zum Ausdruck kommt als auf Platte. Die Musik ist weder zu rhythmisch und beatlastig, noch zu melodisch um zu langweilen. 

Ein toller Start in den Abend, begleitet durch das Lichtspiel der untergehenden Sonne an den bunten Kirchenfenstern. 

Dann schnell weiter zu Düsseldorfs Kunstmeile. Der Robert-Schumann-Saal befindet sich im Komplex des "Museum Kunstpalast". Direkter Zugang zum Rhein mit Blick auf die komplette Altstadt machen den Park vor dem Museum schon zu einer Attraktion. 

Im mit Holz vertäfelten, voll bestuhlten Saal, betritt die Vorgruppe von "Explosions in the Sky" die Bühne. Oft ist es ja der eilig verpflichtete Lokal-Support, (also eine Band aus der Nähe des Ortes, die der Veranstalter dazubucht, um dem ganzen einen Rahmen zu geben) der einem den Musikabend gründlich vermiesen kann, doch das ist hier ganz anders.

"Shipwrecks" aus Köln, eine wirklich fabulöse Post-Rock Band, hätte wohl keinen besseres Publikum finden können, um diesen Abend zu eröffnen. Melodische Wall of Sounds, perfektes Timing und eine Ausnahmekünstler am Schlagzeug bieten ein durchweg großartiges Set ohne Schwächen. Unbedingt merken.

https://shipwrecks-music.bandcamp.com/releases

"Explosions in the Sky" konnten dann, mit besserem Licht (es gab eine wunderschöne Choreografie aus nur am Boden drehenden LED-Batterien und Nebel) und merklich lauterem und noch druckvollerem Sound, doch noch nachlegen. Allerdings klang das alles sehr professionell und ein wenig zu abgeklärt.

Die Band ist allerdings auch schon seit über einem halben Jahr auf Tour, eventuell war da auch etwas Müdigkeit im Spiel. Trotzdem gab es einen bunten Mix mit Schwerpunkt vom neuen, auf CD ja eher ruhigeren Album. Nach nur ca. 70 Minuten war dann allerdings auch schon ohne weitere Zugabe Schluss. 

Drei Bands ohne "Worte" (Gesang) an einem Abend hatte ich auch noch nie. Geschadet hat es gestern überhaupt nicht. Voller großer Melodien ging es durch den kühlen Nachthimmel zurück nach Hause. "New Fall" halt.





 Setlist: Explosions in the Sky 

Wilderness
The Birth and Death of the Day
Yasmin the Light
The Ecstatics
First Breath after Coma
The only Moment we were alone
Catastrophe and the Cure
Your Hand in mine
Colors in Space
Disintegration Anxiety
The moon is down. 

Fotos: Explosions in the Sky/Michael Graef


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